TY - JOUR T1 - Die Rolle der Stoffe bei den Gestaltungsprozessen in der Natur und bei den bildschaffenden Methoden. Bildschaffende Methoden A1 - Schwenk, Wolfram JA - Elem. d. Naturw. JF - Elemente der Naturwissenschaft PY - 2004 VL - 80 SP - 108 EP - 113 DO - 10.18756/edn.80.108 SN - p-ISSN 0422-9630 LA - en N2 -

Wir begegnen den Stoffen, die in den Körpern der belebten und der unbelebten Natur anwesend sind, in den mannigfaltigsten Ausformungen. In den Formen der mineralischen Welt herrschen Ecken und Kanten, glatte Flächen und Brüche vor. An lebenden Körpern erleben wir runde und spitze, quellende und einstülpende, einhüllende und spreitende, in verwundenen Flächen ineinander übergehende Bildegesten zur Gestalt sich vereinigen. Welchen Anteil haben die in ihnen anwesenden Stoffe am Zustandekommen dieser Formen?

Im Mineralreich bestimmt die einen Kristall bildende Substanz dessen Form. Natriumchlorid bildet kubische, Quarz hexagonale, Calcit rhomboedrische Kristalle, Zitronensäure erscheint in rhombischen Prismen, Benzoesäure in Blättchen usw. Stoffbeimengungen lassen Varianten entstehen. - In der unbelebten Natur besteht die Tendenz zu stoffspezifischen Einzelformen. Hier herrschen die den Stoffen «innewohnenden» Gesetze (Steiner 1904/1922). Dieses für die Beobachtung an festen reinen Stoffen zutreffende Urteil wird heute als umfassend und allgemein gültiges naturwissenschaftliches Weltbild verallgemeinert. Die konkreten Entstehungsbedingungen wie Wärme, Druck, Ruhe bzw. Bewegung, Konzentration, stoffliche Beimengungen u.a. beeinflussen und modifizieren die jeweils entstehende Form; von ihnen hängt gegebenenfalls auch ab, welche Kristallmodifikation auftritt, z.B. ob Calciumcarbonat als Calcit- oder als Aragonit kristallisiert. Diese Bedingungen bringen die Formen aber nicht hervor. Ist in Stoffgemengen, z.B. Granit, die Ausbildung der klaren Kristallformen behindert, so erscheinen an ihrer Stelle Rudimente davon oder amorphe Ansammlungen, nicht aber andersartige Formtypen. Die Anordnung der einzelnen Formen erweckt den Eindruck eines wahllosen, nicht oder wenig koordinierten, beziehungsarmen Nebeneinanders von Einzelstücken; sie ist auf die Entstehungsbedingungen zurückzuführen. [...]
 

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Wir begegnen den Stoffen, die in den Körpern der belebten und der unbelebten Natur anwesend sind, in den mannigfaltigsten Ausformungen. In den Formen der mineralischen Welt herrschen Ecken und Kanten, glatte Flächen und Brüche vor. An lebenden Körpern erleben wir runde und spitze, quellende und einstülpende, einhüllende und spreitende, in verwundenen Flächen ineinander übergehende Bildegesten zur Gestalt sich vereinigen. Welchen Anteil haben die in ihnen anwesenden Stoffe am Zustandekommen dieser Formen?

Im Mineralreich bestimmt die einen Kristall bildende Substanz dessen Form. Natriumchlorid bildet kubische, Quarz hexagonale, Calcit rhomboedrische Kristalle, Zitronensäure erscheint in rhombischen Prismen, Benzoesäure in Blättchen usw. Stoffbeimengungen lassen Varianten entstehen. - In der unbelebten Natur besteht die Tendenz zu stoffspezifischen Einzelformen. Hier herrschen die den Stoffen «innewohnenden» Gesetze (Steiner 1904/1922). Dieses für die Beobachtung an festen reinen Stoffen zutreffende Urteil wird heute als umfassend und allgemein gültiges naturwissenschaftliches Weltbild verallgemeinert. Die konkreten Entstehungsbedingungen wie Wärme, Druck, Ruhe bzw. Bewegung, Konzentration, stoffliche Beimengungen u.a. beeinflussen und modifizieren die jeweils entstehende Form; von ihnen hängt gegebenenfalls auch ab, welche Kristallmodifikation auftritt, z.B. ob Calciumcarbonat als Calcit- oder als Aragonit kristallisiert. Diese Bedingungen bringen die Formen aber nicht hervor. Ist in Stoffgemengen, z.B. Granit, die Ausbildung der klaren Kristallformen behindert, so erscheinen an ihrer Stelle Rudimente davon oder amorphe Ansammlungen, nicht aber andersartige Formtypen. Die Anordnung der einzelnen Formen erweckt den Eindruck eines wahllosen, nicht oder wenig koordinierten, beziehungsarmen Nebeneinanders von Einzelstücken; sie ist auf die Entstehungsbedingungen zurückzuführen. [...]
 

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Wir begegnen den Stoffen, die in den Körpern der belebten und der unbelebten Natur anwesend sind, in den mannigfaltigsten Ausformungen. In den Formen der mineralischen Welt herrschen Ecken und Kanten, glatte Flächen und Brüche vor. An lebenden Körpern erleben wir runde und spitze, quellende und einstülpende, einhüllende und spreitende, in verwundenen Flächen ineinander übergehende Bildegesten zur Gestalt sich vereinigen. Welchen Anteil haben die in ihnen anwesenden Stoffe am Zustandekommen dieser Formen?

Im Mineralreich bestimmt die einen Kristall bildende Substanz dessen Form. Natriumchlorid bildet kubische, Quarz hexagonale, Calcit rhomboedrische Kristalle, Zitronensäure erscheint in rhombischen Prismen, Benzoesäure in Blättchen usw. Stoffbeimengungen lassen Varianten entstehen. - In der unbelebten Natur besteht die Tendenz zu stoffspezifischen Einzelformen. Hier herrschen die den Stoffen «innewohnenden» Gesetze (Steiner 1904/1922). Dieses für die Beobachtung an festen reinen Stoffen zutreffende Urteil wird heute als umfassend und allgemein gültiges naturwissenschaftliches Weltbild verallgemeinert. Die konkreten Entstehungsbedingungen wie Wärme, Druck, Ruhe bzw. Bewegung, Konzentration, stoffliche Beimengungen u.a. beeinflussen und modifizieren die jeweils entstehende Form; von ihnen hängt gegebenenfalls auch ab, welche Kristallmodifikation auftritt, z.B. ob Calciumcarbonat als Calcit- oder als Aragonit kristallisiert. Diese Bedingungen bringen die Formen aber nicht hervor. Ist in Stoffgemengen, z.B. Granit, die Ausbildung der klaren Kristallformen behindert, so erscheinen an ihrer Stelle Rudimente davon oder amorphe Ansammlungen, nicht aber andersartige Formtypen. Die Anordnung der einzelnen Formen erweckt den Eindruck eines wahllosen, nicht oder wenig koordinierten, beziehungsarmen Nebeneinanders von Einzelstücken; sie ist auf die Entstehungsbedingungen zurückzuführen. [...]
 

ST - Die Rolle der Stoffe bei den Gestaltungsprozessen in der Natur und bei den bildschaffenden Methoden UR - https://dx.doi.org/10.18756/edn.80.108 Y2 - 2024-04-19 09:39:40 ER -