@article{10.18756/edn.27.1, title = {{Nutation und Wachstum III}}, shorttitle = {{Nutation und Wachstum III}}, author = {Kunze, Henning}, journal = {Elemente der Naturwissenschaft}, year = {1977}, volume = {27}, pages = {1--11}, url = {https://dx.doi.org/10.18756/edn.27.1}, doi = {10.18756/edn.27.1}, issn = {p-ISSN 0422-9630}, language = {de}, abstract = {
Seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts haben die pflanzlichen Nutationsbewegungen immer wieder lebhaftes Interesse bei den Botanikern erweckt. So standen neben der reinen Beschreibung des Bewegungsablaufes vor allem auch die Fragen nach den Ursachen einerseits und der biologischen Bedeutung andererseits zur Debatte. Schon Charles Darwin hat sich eingehend mit den Bewegungen der Pflanzen befasst und versucht, ihre Bedeutung im Sinne der N{\"u}tzlichkeit und Anpassung an besondere Umweltbedingungen zu interpretieren. Ihm ist hierin eine Reihe von Autoren gefolgt, bis in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts Goebel und seine Schule die oftmals allzu platten N{\"u}tzlichkeitslehren in Frage stellten. So sah z.B. Darwin in dem hakenf{\"o}rmig gekr{\"u}mmten Keimblatt einiger Alliurn-Arten eine {\guillemotleft}Durchbruchskr{\"u}mmung{\guillemotright}, die - wie auch die entsprechend nutierenden Hypokotyle anderer Keimlinge - das Erdreich leichter durchstossen k{\"o}nnen, ohne dass dabei die Triebspitze verletzt w{\"u}rde. Goebel (1924) macht dagegen darauf aufmerksam, dass es viele Allianz-Arten mit gleicher Lebensweise gibt, die keine solche {\guillemotleft}Durchbruchskr{\"u}mmung{\guillemotright} ausbilden. Ein positiver Selektionswert k{\"o}nne ihr somit nicht zugesprochen werden. {\"A}hnlich hat man die Bedeutung der Bl{\"u}tenstielnutation darin suchen wollen, dass sie positiven Einfluss auf die Frucht- und Samenreife habe. Auch hier haben Experimente, bei denen die Sprosse in gestreckter Zwangslage gehalten wurden, gezeigt, dass keine Beeintr{\"a}chtigung der Vermehrungsf{\"a}higkeit beim Fehlen der Nutation eintritt (Scholtz 1892, S. 394f). Man muss Goebel zustimmen, wenn er anhand eines reichhaltigen Materials ausf{\"u}hrt, dass ein Nutzen der Wachstumskr{\"u}mmungen in den meisten F{\"a}llen nicht nachgewiesen werden kann (vgl. auch die diesbez{\"u}glichen Arbeiten von W. Troll [1922] und K. Troll [1922]). Goebel f{\"u}hrt die Kr{\"u}mmungen zur{\"u}ck auf die dorsiventrale bzw. asymmetrische Gestaltung der gekr{\"u}mmten Struktur, d. h. die Kr{\"u}mmung sei Ergebnis bereits vorhandener morphologisch-anatomischer Gegebenheiten. Diese Erkl{\"a}rung Goebels - die im {\"u}brigen stark hypothetischen Charakter besitzt - wurde schon im zweiten Teil dieser Ausf{\"u}hrungen (Elemente d. N. 26) kritisiert, da die Beobachtungen an Daucas- und Lepidiumkeimlingen eine deutliche Unabh{\"a}ngigkeit der Kr{\"u}mmung von der Organstruktur nahelegten. [...]
}, annote = {Seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts haben die pflanzlichen Nutationsbewegungen immer wieder lebhaftes Interesse bei den Botanikern erweckt. So standen neben der reinen Beschreibung des Bewegungsablaufes vor allem auch die Fragen nach den Ursachen einerseits und der biologischen Bedeutung andererseits zur Debatte. Schon Charles Darwin hat sich eingehend mit den Bewegungen der Pflanzen befasst und versucht, ihre Bedeutung im Sinne der N{\"u}tzlichkeit und Anpassung an besondere Umweltbedingungen zu interpretieren. Ihm ist hierin eine Reihe von Autoren gefolgt, bis in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts Goebel und seine Schule die oftmals allzu platten N{\"u}tzlichkeitslehren in Frage stellten. So sah z.B. Darwin in dem hakenf{\"o}rmig gekr{\"u}mmten Keimblatt einiger Alliurn-Arten eine {\guillemotleft}Durchbruchskr{\"u}mmung{\guillemotright}, die - wie auch die entsprechend nutierenden Hypokotyle anderer Keimlinge - das Erdreich leichter durchstossen k{\"o}nnen, ohne dass dabei die Triebspitze verletzt w{\"u}rde. Goebel (1924) macht dagegen darauf aufmerksam, dass es viele Allianz-Arten mit gleicher Lebensweise gibt, die keine solche {\guillemotleft}Durchbruchskr{\"u}mmung{\guillemotright} ausbilden. Ein positiver Selektionswert k{\"o}nne ihr somit nicht zugesprochen werden. {\"A}hnlich hat man die Bedeutung der Bl{\"u}tenstielnutation darin suchen wollen, dass sie positiven Einfluss auf die Frucht- und Samenreife habe. Auch hier haben Experimente, bei denen die Sprosse in gestreckter Zwangslage gehalten wurden, gezeigt, dass keine Beeintr{\"a}chtigung der Vermehrungsf{\"a}higkeit beim Fehlen der Nutation eintritt (Scholtz 1892, S. 394f). Man muss Goebel zustimmen, wenn er anhand eines reichhaltigen Materials ausf{\"u}hrt, dass ein Nutzen der Wachstumskr{\"u}mmungen in den meisten F{\"a}llen nicht nachgewiesen werden kann (vgl. auch die diesbez{\"u}glichen Arbeiten von W. Troll [1922] und K. Troll [1922]). Goebel f{\"u}hrt die Kr{\"u}mmungen zur{\"u}ck auf die dorsiventrale bzw. asymmetrische Gestaltung der gekr{\"u}mmten Struktur, d. h. die Kr{\"u}mmung sei Ergebnis bereits vorhandener morphologisch-anatomischer Gegebenheiten. Diese Erkl{\"a}rung Goebels - die im {\"u}brigen stark hypothetischen Charakter besitzt - wurde schon im zweiten Teil dieser Ausf{\"u}hrungen (Elemente d. N. 26) kritisiert, da die Beobachtungen an Daucas- und Lepidiumkeimlingen eine deutliche Unabh{\"a}ngigkeit der Kr{\"u}mmung von der Organstruktur nahelegten. [...]
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