@article{10.18756/edn.45.63, title = {{Protokoll. zu einem Thema des 6. Geologentreffens am 16./17.5. 1986 im Forschungslaboratorium am Goetheanum, Dornach.}}, shorttitle = {{Protokoll}}, author = {Bockem{\"u}hl, Cornelis}, journal = {Elemente der Naturwissenschaft}, year = {1986}, volume = {45}, pages = {63--64}, url = {https://dx.doi.org/10.18756/edn.45.63}, doi = {10.18756/edn.45.63}, issn = {p-ISSN 0422-9630}, language = {de}, abstract = {
Aus unserer Besch{\"a}ftigung mit Goethes geologischen Studien und verschiedenen Vortr{\"a}gen Rudolf Steiners m{\"o}chte ich einen Gesichtspunkt herausarbeiten, der von allgemeinem Interesse sein kann und der mir vor allem methodisch sehr aufschlu{\ss}reich war. Es wurde mir dabei etwas klarer, was es eigentlich hei{\ss}en k{\"o}nnte, {\guillemotleft}ph{\"a}nomenologisch{\guillemotright} an eine Sache heranzugehen, um schlie{\ss}lich deren {\guillemotleft}Ideengehalt{\guillemotright} zu erfassen. Goethe nimmt ein St{\"u}ck Granit zur Hand und betrachtet es. Seine ersten Fragen zielen nun nicht gleich auf einen Entstehungsmechanismus oder ein Alter, sondern er versucht, das, was er vor Augen hat, zun{\"a}chst so treffend wie m{\"o}glich begrifflich zu charakterisieren, und dabei das Wesentliche zu erfassen. Wenn er dabei die Sprache oft etwas strapazieren mu{\ss} mit seltsamen Formulierungen, so liegt das nur daran, da{\ss} man solche {\guillemotleft}Selbstverst{\"a}ndlichkeiten{\guillemotright} sonst gar nicht in Worte fassen will: Der Granit besteht aus drei Teilen (Quarz, Feldspat, Glimmer), von denen keiner im anderen enthalten ist oder die anderen enth{\"a}lt. Der Granit als solcher und seine Bestandteile lassen sich auch nicht getrennt denken, d. h. {\guillemotleft}die Bestandteile sind mit dem Ganzen entstanden.{\guillemotright} Diese Einfachheit unterscheidet nun den Granit von anderen Gesteinen; die {\guillemotleft}Betrachtung der {\"U}berg{\"a}nge{\guillemotright} macht sie uns erst sichtbar und bewu{\ss}t: Eine Muschel kann ich als ein eigenst{\"a}ndiges Lebewesen beobachten. Au{\ss}erdem kann sie im Kalk als Fossil auftreten, aber es gibt auch Kalke ohne fossile Muscheln. {\"A}hnliche Gedanken kann man beim Betrachten anderer Gesteine entwickeln, bis es einem immer deutlicher wird, da{\ss} die geschilderte Einfachheit eine ganz spezielle Eigenart des Granits ist. Er ist am meisten {\guillemotleft}einfach nur Gestein{\guillemotright} oder anders ausgedr{\"u}ckt: Urgestein. Dies ist somit sein {\guillemotleft}Ideengehalt{\guillemotright}, jedenfalls von einem bestimmten Gesichtspunkt aus. [...]
}, annote = {Aus unserer Besch{\"a}ftigung mit Goethes geologischen Studien und verschiedenen Vortr{\"a}gen Rudolf Steiners m{\"o}chte ich einen Gesichtspunkt herausarbeiten, der von allgemeinem Interesse sein kann und der mir vor allem methodisch sehr aufschlu{\ss}reich war. Es wurde mir dabei etwas klarer, was es eigentlich hei{\ss}en k{\"o}nnte, {\guillemotleft}ph{\"a}nomenologisch{\guillemotright} an eine Sache heranzugehen, um schlie{\ss}lich deren {\guillemotleft}Ideengehalt{\guillemotright} zu erfassen. Goethe nimmt ein St{\"u}ck Granit zur Hand und betrachtet es. Seine ersten Fragen zielen nun nicht gleich auf einen Entstehungsmechanismus oder ein Alter, sondern er versucht, das, was er vor Augen hat, zun{\"a}chst so treffend wie m{\"o}glich begrifflich zu charakterisieren, und dabei das Wesentliche zu erfassen. Wenn er dabei die Sprache oft etwas strapazieren mu{\ss} mit seltsamen Formulierungen, so liegt das nur daran, da{\ss} man solche {\guillemotleft}Selbstverst{\"a}ndlichkeiten{\guillemotright} sonst gar nicht in Worte fassen will: Der Granit besteht aus drei Teilen (Quarz, Feldspat, Glimmer), von denen keiner im anderen enthalten ist oder die anderen enth{\"a}lt. Der Granit als solcher und seine Bestandteile lassen sich auch nicht getrennt denken, d. h. {\guillemotleft}die Bestandteile sind mit dem Ganzen entstanden.{\guillemotright} Diese Einfachheit unterscheidet nun den Granit von anderen Gesteinen; die {\guillemotleft}Betrachtung der {\"U}berg{\"a}nge{\guillemotright} macht sie uns erst sichtbar und bewu{\ss}t: Eine Muschel kann ich als ein eigenst{\"a}ndiges Lebewesen beobachten. Au{\ss}erdem kann sie im Kalk als Fossil auftreten, aber es gibt auch Kalke ohne fossile Muscheln. {\"A}hnliche Gedanken kann man beim Betrachten anderer Gesteine entwickeln, bis es einem immer deutlicher wird, da{\ss} die geschilderte Einfachheit eine ganz spezielle Eigenart des Granits ist. Er ist am meisten {\guillemotleft}einfach nur Gestein{\guillemotright} oder anders ausgedr{\"u}ckt: Urgestein. Dies ist somit sein {\guillemotleft}Ideengehalt{\guillemotright}, jedenfalls von einem bestimmten Gesichtspunkt aus. [...]
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