@article{10.18756/edn.107.85, title = {{In memoriam. In memoriam Georg Maier}}, shorttitle = {{In memoriam}}, author = {Wirz, Johannes}, journal = {Elemente der Naturwissenschaft}, year = {2017}, volume = {107}, pages = {85--86}, url = {https://dx.doi.org/10.18756/edn.107.85}, doi = {10.18756/edn.107.85}, issn = {p-ISSN 0422-9630}, language = {de}, abstract = {

Immer wieder faszinierte und irritierte Georg Maier seine Zuh{\"o}rer mit seiner Art, Gedanken nicht bis zum Ende auszusprechen. Die Faszination bestand in der Herausforderung, das Unausgesprochene selber zu vollenden. Die Irritation ging mit dem Eindruck einher, dass Georg selber sich im Unaussprechbaren bewegte. Ich brauchte einige Zeit, um zu bemerken, dass hier nicht eine Schw{\"a}che zutage trat, sondern dass der Forschende auf die Zuh{\"o}renden vertraute, um in Gemeinschaft dem Gedanken oder der Idee zur Sichtbarkeit zu verhelfen, passender ausgedr{\"u}ckt, Geburtshelfer im Erkenntnisprozess zu werden.

Ende der 80er Jahre sass ich in einem Seminar {\"u}ber Optik, vor allem {\"u}ber Beugungsph{\"a}nomene. Von der Camera obscura, dem ber{\"u}hmten Hohlw{\"o}lbspiegel zu Experimenten mit Halbschattenph{\"a}nomenen landeten wir schliesslich bei der Lichtstreuung einer Lampe hinter einem schwarzen lichtdurchl{\"a}ssigen Tuch. Das Gewebe nahe am Auge erlaubte die Lichtquelle ziemlich unscharf zu sehen, vom Auge wegger{\"u}ckt erschien sie in hellen Lichtpunkten als regelm{\"a}ssiges Beugungsmuster. F{\"u}r mich waren alle Ph{\"a}nomene magisch, die Beschreibungen und Erkl{\"a}rungen anspruchsvoll. Am Ende des Kurses erstaunte Georg mit seiner Feststellung, dass jetzt eigentlich die Physik beginnen k{\"o}nne. Was anderes hatten wir in den letzten Tagen denn gemacht? Ich erkannte hinter dieser Aussage den wirklich guten Physiker, der Georg war, nicht zuletzt durch seine intensive Besch{\"a}ftigung mit der Beugung von Neutronen, die ohne Kernreaktor nicht h{\"a}tte beobachtet werden k{\"o}nnen. [...]
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}, annote = {

Immer wieder faszinierte und irritierte Georg Maier seine Zuh{\"o}rer mit seiner Art, Gedanken nicht bis zum Ende auszusprechen. Die Faszination bestand in der Herausforderung, das Unausgesprochene selber zu vollenden. Die Irritation ging mit dem Eindruck einher, dass Georg selber sich im Unaussprechbaren bewegte. Ich brauchte einige Zeit, um zu bemerken, dass hier nicht eine Schw{\"a}che zutage trat, sondern dass der Forschende auf die Zuh{\"o}renden vertraute, um in Gemeinschaft dem Gedanken oder der Idee zur Sichtbarkeit zu verhelfen, passender ausgedr{\"u}ckt, Geburtshelfer im Erkenntnisprozess zu werden.

Ende der 80er Jahre sass ich in einem Seminar {\"u}ber Optik, vor allem {\"u}ber Beugungsph{\"a}nomene. Von der Camera obscura, dem ber{\"u}hmten Hohlw{\"o}lbspiegel zu Experimenten mit Halbschattenph{\"a}nomenen landeten wir schliesslich bei der Lichtstreuung einer Lampe hinter einem schwarzen lichtdurchl{\"a}ssigen Tuch. Das Gewebe nahe am Auge erlaubte die Lichtquelle ziemlich unscharf zu sehen, vom Auge wegger{\"u}ckt erschien sie in hellen Lichtpunkten als regelm{\"a}ssiges Beugungsmuster. F{\"u}r mich waren alle Ph{\"a}nomene magisch, die Beschreibungen und Erkl{\"a}rungen anspruchsvoll. Am Ende des Kurses erstaunte Georg mit seiner Feststellung, dass jetzt eigentlich die Physik beginnen k{\"o}nne. Was anderes hatten wir in den letzten Tagen denn gemacht? Ich erkannte hinter dieser Aussage den wirklich guten Physiker, der Georg war, nicht zuletzt durch seine intensive Besch{\"a}ftigung mit der Beugung von Neutronen, die ohne Kernreaktor nicht h{\"a}tte beobachtet werden k{\"o}nnen. [...]
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