@article{10.18756/edn.37.31, title = {{Aspekte der Bl{\"u}tengestalt. III. Die Bildung von Apparaten}}, shorttitle = {{Aspekte der Bl{\"u}tengestalt}}, author = {Kunze, Henning}, journal = {Elemente der Naturwissenschaft}, year = {1982}, volume = {37}, pages = {31--41}, url = {https://dx.doi.org/10.18756/edn.37.31}, doi = {10.18756/edn.37.31}, issn = {p-ISSN 0422-9630}, language = {de}, abstract = {

In den Bereichen, in denen die Bl{\"u}te funktional mit Bewegungsprozessen zu tun hat, also insbesondere bei den Organen der Pollen{\"u}bertragung, finden sich teilweise erstaunliche Gestaltungen, die man aufgrund ihrer Komplexit{\"a}t und ihrer mechanischen Funktionsweise geradezu als Apparate bezeichnen kann. H{\"a}ufig stehen solche besonderen Einrichtungen im Zusammenhang mit der Internation der Staubbl{\"a}tter in einen Innenraum der Bl{\"u}tenh{\"u}lle. Es kommt ihnen dabei die Aufgabe zu, die Antheren beim Insektenbesuch in eine solche Position zu bringen, dass der Pollen vom Best{\"a}uber an der richtigen Stelle aufgenommen wird, die dann beim Besuch der n{\"a}chsten Bl{\"u}te mit der Narbe in Ber{\"u}hrung kommt. Bekannt ist in dieser Hinsicht der Schlagbaum-Mechanismus der Salbeibl{\"u}te. Bei ihr sind die beiden Staubbl{\"a}tter in der hoch geschwungenen Oberlippe geborgen, wobei jeweils nur die eine Antherenh{\"a}lfte (Theke) Pollen produziert, die andere aber zu einem blossen Hebel umgebildet ist. Die im Bl{\"u}tengrund Nektar suchende Biene st{\"o}sst an diesen Hebel und bewegt dadurch selbst die fertile Theke, die sich wie ein Schlagbaum am Filament dreht, auf ihren R{\"u}cken hinunter und nimmt so den Pollen nototrib auf. Die Einbeziehung der Staubbl{\"a}tter in die Umh{\"u}llung der Krone wird also hier funktional erg{\"a}nzt durch einen Mechanismus, der sie nur zum Zeitpunkt der Pollen{\"u}bertragung aus dieser H{\"u}lle befreit.

Dieser 3. Teil der {\guillemotleft}Aspekte{\guillemotright} besch{\"a}ftigt sich mit solchen Best{\"a}ubungsvorrichtungen, die in manchen F{\"a}llen noch weitaus h{\"o}here Grade der Komplexit{\"a}t erreichen als beim Salbei. Insbesondere soll dabei der Aspekt des harmonischen Zusammenpassens der einzelnen Organe, ihre Synorganisation, herausgearbeitet werden. Nach Reman€ (1956, S. 333) geh{\"o}ren ja gerade diese Apparate, die sich aus urspr{\"u}nglich nicht weiter aufeinander bezogenen Teilen entwickelt haben, zu den ungel{\"o}sten Problemen der Selektionstheorie. [...]
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}, annote = {

In den Bereichen, in denen die Bl{\"u}te funktional mit Bewegungsprozessen zu tun hat, also insbesondere bei den Organen der Pollen{\"u}bertragung, finden sich teilweise erstaunliche Gestaltungen, die man aufgrund ihrer Komplexit{\"a}t und ihrer mechanischen Funktionsweise geradezu als Apparate bezeichnen kann. H{\"a}ufig stehen solche besonderen Einrichtungen im Zusammenhang mit der Internation der Staubbl{\"a}tter in einen Innenraum der Bl{\"u}tenh{\"u}lle. Es kommt ihnen dabei die Aufgabe zu, die Antheren beim Insektenbesuch in eine solche Position zu bringen, dass der Pollen vom Best{\"a}uber an der richtigen Stelle aufgenommen wird, die dann beim Besuch der n{\"a}chsten Bl{\"u}te mit der Narbe in Ber{\"u}hrung kommt. Bekannt ist in dieser Hinsicht der Schlagbaum-Mechanismus der Salbeibl{\"u}te. Bei ihr sind die beiden Staubbl{\"a}tter in der hoch geschwungenen Oberlippe geborgen, wobei jeweils nur die eine Antherenh{\"a}lfte (Theke) Pollen produziert, die andere aber zu einem blossen Hebel umgebildet ist. Die im Bl{\"u}tengrund Nektar suchende Biene st{\"o}sst an diesen Hebel und bewegt dadurch selbst die fertile Theke, die sich wie ein Schlagbaum am Filament dreht, auf ihren R{\"u}cken hinunter und nimmt so den Pollen nototrib auf. Die Einbeziehung der Staubbl{\"a}tter in die Umh{\"u}llung der Krone wird also hier funktional erg{\"a}nzt durch einen Mechanismus, der sie nur zum Zeitpunkt der Pollen{\"u}bertragung aus dieser H{\"u}lle befreit.

Dieser 3. Teil der {\guillemotleft}Aspekte{\guillemotright} besch{\"a}ftigt sich mit solchen Best{\"a}ubungsvorrichtungen, die in manchen F{\"a}llen noch weitaus h{\"o}here Grade der Komplexit{\"a}t erreichen als beim Salbei. Insbesondere soll dabei der Aspekt des harmonischen Zusammenpassens der einzelnen Organe, ihre Synorganisation, herausgearbeitet werden. Nach Reman€ (1956, S. 333) geh{\"o}ren ja gerade diese Apparate, die sich aus urspr{\"u}nglich nicht weiter aufeinander bezogenen Teilen entwickelt haben, zu den ungel{\"o}sten Problemen der Selektionstheorie. [...]
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