Unser Erbgut ist aus Viren aufgebaut

Elemente der Naturwissenschaft 111, 2019, P. 82-87 | DOI: 10.18756/edn.111.82

Abstract:

Die modernsten genetischen Sequenzier-Geräte sind nicht viel grösser als ein Smartphone und bestimmen die gesamten Nukleotidsequenzen eines Organismus innerhalb weniger Stunden. Als im Jahre 2001 das erste menschliche Genom sequenziert war, hatten hunderte Wissenschaftler viele Jahre gearbeitet und Kosten in Milliardenhöhe verursacht.

Mittlerweile sind unzählige Genome von Menschen, Tieren, Pflanzen, Bakterien und Viren entschlüsselt und es lassen sich dadurch evolutive Entwicklungslinien und Stammbäume nachzeichnen, die in vielerlei Hinsicht unser evolutionsbiologisches Verständnis revolutionieren. Eine der bedeutendsten Entdeckungen ist, dass unser rezentes Genom weniger die Folge von Mutation und Selektion ist, wie es die Synthetische Theorie des Neodarwinismus lehrt, sondern das Ergebnis von unzähligen genetischen Austauschprozessen darstellt, deren ursprüngliche Vermittler die Viren sind. Die gesamte Gen-Physiologie, genetische Rekombinationen, Translation, Transkription und Transposition, wie sie innerhalb der eukaryotischen Zelle konserviert sind, waren ursprünglich exogene virale Prozesse!

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