Lebensvorgänge im Wäßrigen

Auf und Abbauprozesse im Bodensee im Spiegel der Jahreszeiten
Elemente der Naturwissenschaft 40, 1984, P. 6-19 | DOI: 10.18756/edn.40.6

Abstract:

Das, was in diesen Worten in so wunderbarer Weise von Goethe ausgesprochen wird, kann uns jede lebendige Gestalt stets aufs Neue bewußt werden lassen: Wie sie sich ganz aus dem Wäßrigen heraus entwickelt. Das Verschmelzen der Gameten von Einzellern oder niederen Pflanzen findet ebenso wie dasjenige von der Ei- und Samenzelle der Tiere ausnahmslos im Flüssigen statt, im freien Wasser oder im mütterlichen Organismus. Selbst das Keimen der Samen von Blütenpflanzen ist nur möglich, wenn dieser quellen, d.h. Wasser in sich aufnehmen kann. Ebenso ist der Fortgang der Entwicklung nur möglich, wenn dem Organismus durch das Wasser stets neue, für die Weiterbildung notwendige Substanzen und Kräfte zugeführt werden, besonders wenn sich das Tier oder die Pflanze in ihrem Lebensraum weit von dem unmittelbaren Leben im Wasser emanzipiert haben und sich in die Luft erheben oder auf der festen Erde leben.

Verfolgt man im Pflanzenreich die Evolution zurück, so kommt man über Fame und Moose zu den Algen, die ihre größte Vielfalt in ein- bis wenigzelligen Formen zeigen. Betrachtet man die entsprechende Entwicklungsreihe im Tierreich, so stehen dort am Beginn auch einzellige Organismen, die eigentlich als noch gar nicht zum Tierreich dazugehörig angesehen werden: Protozoen. Der grundlegende Unterschied der autotrophen Lebensweise der Pflanzen und der atmenden Lebensweise der Tiere wird bereits deutlich in der Ernährungsweise von Algen und Protozoen. Algen nehmen die zum Leben notwendigen Substanzen in gelöster Form auf, Protozoen dagegen in fester Form. Nur bei Bakterien als Prokaryonten besteht kein Unterschied in der Ernährungsweise bei Autotrophie oder Atmung. Sie nehmen alle Substanzen ausschließlich in gelöster Form auf (Pfennig 1984).

Betrachtet man unter den angedeuteten Gesichtspunkten das biologische Geschehen in einem Gewässer, so stellt sich die Frage, inwieweit sich darin insgesamt das Wirken von Kräften zeigt, die besonders wirksam sind einerseits in frühen Stadien der Individualentwicklung eines höheren Organismus und andererseits wirksam waren in frühen Evolutionsphasen. [...]
 

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