Lebewesen oder modulare Systeme «Das Prinzip Leben» als Blickrichtung auf Konzepte der Synthetischen Biologie
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Zusammenfassung:
Die Synthetische Biologie will Leben mit Wissen und Techniken der Molekularbiologie nach ingenieurswissenschaftlichen Prinzipien als erneuerbare Ressource erschliessen. Das setzt die Überzeugung voraus, dass die Phänomene des Organischen auf die kausal wirksamen Eigenschaften und Interaktionen der Materie zurückführbar sind. So verfolgen einige Wissenschaftler auch die Vision, Leben aus unbelebter Materie zu erschaffen. Sowohl diese Vision wie auch die materialistische Ontologie haben eine Geschichte, deren bewusstseinshistorische Analyse durch den Philosophen Hans Jonas hier skizzenhaft dargestellt wird. Jonas grenzt Leben von der unbelebten Materie als eine grundsätzlich andere Seinskategorie ab, in der Geist und Materie untrennbar verwoben sind. Seine Einschätzung der ethischen Position des Menschen wird derjenigen der Schweizerischen Ethikkommission gegenübergestellt.
Weil der Organismus seine Identität gerade dadurch bewahrt, dass er seine stoffliche Grundlage ständig auswechselt, kann er nach Jonas nicht gemäss den deterministischen Gesetzmässigkeiten der Materie behandelt werden. Diese Folgerung – ausgesprochen in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts – kommt den Aussagen von Wissenschaftlern nach weiteren vierzig Jahren biologischer
Forschung sehr nahe und wirft auch auf die Probleme in der Praxis der Synthetischen Biologie ein Licht. Jonas' philosophische Position ist umstritten, weil sie die Grundlagen der heute selbstverständlichen materialistischen Auffassung des Seins in Frage stellt. Die entsprechende Kritik wird beispielhaft erläutert und im Rahmen einer wissenschaftshistorischen Diskussion beleuchtet.