Editorial

Elemente der Naturwissenschaft 103, 2015, S. 3-4 | DOI: 10.18756/edn.103.3

Zusammenfassung:

“A model is an interpretative description of a phenomenon that facilitates access to that phenomenon. I take ‘phenomenon’ to cover objects as well as processes.”

(Bailer-Jones 2002)

Liebe Leserinnen und Leser der ELEMENTE

Allen drei Artikeln in diesem Heft ist gemeinsam, dass sie ein Modell vorstellen. Was ist ein Modell? Ein Modell ist eine Beschreibung, die ein Phänomen interpretierend in einen Kontext stellt und gleichzeitig den Zugang zu diesem Phänomen ermöglicht. Dieses kann sowohl ein Objekt als auch ein Prozess sein. Die Charakterisierung im obigen Zitat stammt von der zeitgenössischen Wissenschaftsphilosophin Daniela Bailer-Jones. Der wissenschaftliche Modellbegriff verortet Modelle auf allen Ebenen zwischen Erscheinung und Idee: Bilder, Gegenstände, Organismen, Computersimulationen, Gleichungen, gedankliche Konzepte – sie alle können Modellcharakter haben. Modelle teilen bestimmte, ausgewählte Eigenschaften mit dem Erfahrungsbereich, den sie repräsentieren und dienen dazu, Hypothesen über weitere, bislang unbekannte Analogien zu untersuchen. Deshalb stellt sich nicht die Frage, ob ein Modell wahr oder falsch ist, sondern ob es für eine bestimmte Fragestellung anwendbar ist.

Im ersten Beitrag hat Kathrin Studer die Knospen der Stieleiche als Modell gewählt, um zu zeigen, dass beim Studium der Knospenbildungsprozesse bei mehrjährigen verholzenden Pflanzen zwei Metamorphosereihen sichtbar werden, die sich qualitativ unterscheiden. Ihre detaillierten Beobachtungen der zeitlichen und räumlichen Entwicklung hat sie durch präzise Präparation und Anordnung der einzelnen Knospenorgane ergänzt. Die fotografierten Metamorphosereihen bringen wunderbar überzeugend das Phänomen ins Bild, zu dem dieses Modell den Zugang eröffnet: eine enge Verwandtschaft der vegetativen mit der Blüten-Knospe. [...]