Zum Goethe’schen Urphänomen der Farbentstehung und zu einem Zusammenhang mit Beugung und Brechung

Elemente der Naturwissenschaft 49, 1988, P. 85-95 | DOI: 10.18756/edn.49.85

Abstract:

Ein wesentliches Anliegen des folgenden Aafsatzes besteht im Hinweis aaf die ideelle Seite des Urphänomens. - Die begrifflich-ideelle Komponente der Wirklichkeit zu bemerken und ernstzunehmen kann man bei Jochen Bockemühl lernen. In diesem Sinne ist der Aufsatz ihm in Dankbarkeit gewidmet.

Für ein goetheanistisches Verständnis eines Gebietes der Physik ist das Auffinden der Urphänomene die zentrale Aufgabe. Goethe (1810a) selbst hat diesen Begriff im Zusammenhang mit der Farbentstehung gebildet, und Rudolf Steiner (1886) hat seine erkenntnistheoretische Bedeutung für die anorganische Natur herausgearbeitet. Ist das Urphänomen gefunden, so sollten alle anderen Erscheinungen des betreffenden Gebietes als Abwandlungen desselben verstanden werden können. - So hat Goethe unter anderem versucht, die Farbentstehung, wie man sie bei Versuchen mit dem Prisma beobachten kann, mit dem Vorgang der Farbentstehung an trüben Medien, den er als Urphänomen erkannt hatte, in einen Zusammenhang zu bringen. Dies ist ihm aber, wie er auch selbst sagte, noch nicht befriedigend gelungen. So schrieb er in einem Brief an Chr. D. von Büttel (Goethe 1827): «Sodann, wenn Sie bemerken, daß der prismatische Fall, besonders der objektive, nicht ganz befriedigend aus jenen Anfängen abgeleitet sei, so gebe ich es gerne zu ...». Auch Rudolf Steiner äußert sich in einer Fußnote (Goethe 1810b) zu diesem Problem: «Allein es ist dies gerade der Punkt, wo die Goethesche Farbenlehre einer wesentlichen Ergänzung und Verbesserung bedarf.» [...]
 

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