Die Experimente von Eugen Dreher im historischen Kontext

Elemente der Naturwissenschaft 78, 2003, S. 94-100 | DOI: 10.18756/edn.78.94

Zusammenfassung:

Im 11. Vortrag des Wärmekurses weist Rudolf Steiner auf eine Versuchsreihe hin, die Eugen Dreher etwa um 1880 herum entwickelt hat. Es geht in diesen Experimenten vor allem um die Erforschung der Phosphoreszenz und deren Ursachen. Dreher hat im Sommer des Jahres 1881 erfolglos versucht, seine Ergebnisse in den «Poggendorff’schen Annalen» zu veröffentlichen. Die Herausgeber wiesen zur Begründung der Ablehnung darauf hin, dass fast alle empirischen Beobachtungen bereits von anderer Seite vorher veröffentlicht worden seien und eine Publikation der Dreher’schen Arbeit nur Streit um Prioritätsrechte heraufbeschwören würde. Deshalb wurde der diesbezügliche Aufsatz mit dem Titel «Die Ursache der Phosphoreszenz der ‹leuchtenden Materie› nach vorangegangener Insolation» nur in der relativ unbedeutenden Zeitschrift «Die Natur» (Halle 1881) und kurz darauf in einem Buch (Dreher 1882) veröffentlicht, von dem sich übrigens zwei Exemplare in Rudolf Steiners Nachlass befinden. Beide Publikationen scheinen allerdings weitgehend unbeachtet geblieben zu sein. Interessant sind vor allem die Folgerungen, die Dreher aus seinen Beobachtungen zieht und die wohl auch Steiners Auffassung zu diesem Thema beeinflusst haben. Im Gegensatz zu der um 1880 bereits allgemein akzeptierten Sichtweise einer einheitlichen Strahlung vertrat Dreher die Ansicht, dass das Sonnenlicht drei qualitativ unterschiedliche Strahlungsarten enthält, neben dem eigentlichen Licht noch eine chemische Strahlung und eine Wärmestrahlung. Damit knüpft er an eine wissenschaftliche Sichtweise an, die vor allem in den Dreißiger- und Vierzigerjahren des 19. Jahrhunderts u.a. von M. Melloni und J. W. Draper propagiert wurde und damals allgemein Anerkennung fand, dann aber etwa ab 1850 nach und nach von praktisch allen namhaften Wissenschaftlern aufgegeben wurde. Wie Dreher bezüglich der Wärmestrahlung diese Auffassung begründet, soll durch einige Zitate verdeutlicht werden:

«Melloni fand das Maximum der Wärme bei Anwendung eines Prismas von Stein salz jenseits des Rothen, Seebeck beim Wasserspektrum im Gelben, bei einem Crownglasprisma aber im Rothen, und bei einem Flintglasprisma nahe beim Rothen in dem unsichtbaren Theile des Spektrums. […] Aus diesen Versuchen folgt aber auch unwiderleglich, dass Licht und Wärmestrahlen nicht zu identifizieren sind, denn wären sie identisch, so müssten sie auch durch alle Medien, gleichviel ob Steinsalz ob Wasser, in gleicher Weise gebrochen werden, so dass Licht und Wärmestrahlen nicht zu trennen wären. […]
 

Referenzen
  • Christiansen, C. (1870): Pogg. Ann. 141, S. 479 und Pogg. Ann. 143 (1871), S. 149.
  • Dreher, E. (1882): Beiträge zu unserer modernen Atom- und Molekular-Theorie auf kritischer Grundlage, Halle.
  • Kundt, A. (1871): Pogg. Ann. 142, S. 163; Pogg. Ann. 143, S. 259.
  • Le Roux, F. P. (1862): Pogg. Ann. 117, S. 659.
  • Steiner, R. (1972): Geisteswissenschaftliche Impulse zur Entwicklung der Physik. Zweiter Naturwissenschaftlicher Kurs, Vorträge vom 1.–14. März 1920 in Stuttgart, 2. Auflage., Dornach, GA 321.
  • Weisskopf, V. (1968): Scientific American 219, September, S. 60.