Spekulationen zu Gehirn und Geist
Gerhard Roth: Fühlen, Denken, Handeln: Wie das Gehirn unser Verhalten steuert. Suhrkamp, Frankfurt 2001. ISBN 3-518-58313-1. 488 S., mit Abb., gebunden. EUR 29.80, CHF 51.50.
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Zusammenfassung:
Das Jahrzehnt des Gehirns (Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts) hat eine Flut von Veröffentlichungen gebracht, die anhält und immer noch am Steigen ist. Auffällig ist dabei unter Anderem, dass erstens meist Detailfragen über das Funktionieren von Gehirn und Nervensystem im Vordergrund stehen und die fundamentalen Fragen nach der Autonomie des individuellen Selbstbewusstseins entweder dilettantisch oder gar nicht angegangen werden und dass zweitens kaum Darstellungen zu den praktischen Konsequenzen der vertretenen Ansichten existieren. Beide Tendenzen sowie weitere Eigenheiten der Geist-Gehirn-Debatte können exemplarisch am neusten Buch von Gerhard Roth, «Fühlen, Denken, Handeln: Wie das Gehirn unser Verhalten steuert» verdeutlicht werden.
Zunächst zu den Konsequenzen: Es wird davor zurückgeschreckt, das eigentliche Ergebnis der Untersuchungen radikal auszusprechen (S. 447–449). Wir seien keine neurobiologischen Maschinen, heißt es zwar – und doch ist die von Roth so genannte «Autonomie menschlichen Handelns» nichts anderes als eine Bestimmung dieses Handelns aus körperlichen und körperbasierten seelischen Funktionen (Erziehung, Gewohnheit etc.) auf deterministischer Grundlage. Andererseits werden die Konsequenzen mit scheinbar großer Bescheidenheit nicht gezogen: «Ich verzichte bewusst darauf, am Ende dieses Buches die möglichen Konsequenzen zu erörtern, die sich aus dem, was ich gesagt habe, für den privaten Umgang von Menschen miteinander, für das gesellschaftliche Leben, das Erziehungssystem und auch für unser Rechtssystem (zum Beispiel im Zusammenhang mit der Willensfreiheit und einer persönlichen Verantwortung für das eigene Tun) ergeben. [...]