Editorial

Elemente der Naturwissenschaft 115, 2021, S. 3-4 | DOI: 10.18756/edn.115.3

Zusammenfassung:

Liebe Leserinnen und Leser

Aktualität kann verschiedene Gesichter haben. Als aktuell kann z.B. der Bericht über ein Erdbeben in Taiwan am 24. Oktober 2021 gelten – Nachrichten, wie sie in der Tagespresse brandheiss präsentiert werden.

Aktuell kann aber auch ein bereits bekanntes Herstellungsverfahren werden, wenn es für einen neuen Zweck eingesetzt wird. Von dieser Art Aktualität berichtet der zweite Artikel in dieser Elemente-Ausgabe. Beatrix Waldburger beschreibt den Prozess der chemischen Synthese eines roten Kupferoxids für die therapeutische Anwendung so eindringlich und voller bildhafter Erfahrung, dass man den Eindruck bekommt, man habe es angesichts der Komplexität der Bedingungen in Interaktion mit der hochsensiblen Zeitstruktur der Reaktionen mit einem Prozess im Lebendigen zu tun.

Eine weitere Art von Aktualität ergibt sich aus Jubiläen: Wenn für ein wichtiges Ereignis wie die zweite Publikation von Keplers «Mysterium cosmographicum» der 400. und für ihn selbst der 450. Geburtstag an- steht, ist das ein Anlass, beide genauer zu betrachten – insbesondere, da Planetenbewegungen in den Jahren 2020/21 sich vergleichen lassen mit den Konstellationen zu Keplers Zeit. Es waren die Rhythmen der grossen Konjunktionen der obersonnigen Planeten, die ihn auf die Idee brachten, die regelmässigen Polyeder der platonischen Körper als Mass der Abstände zwischen den Planetensphären anzunehmen. Eine solche Konjunktion konnte man im Dezember 2020 mit etwas Glück und ausreichender Dunkelheit beobachten: Am südwestlichen Abendhimmel waren Saturn und Jupiter eng beisammen zu sehen – fast wie ein einziger leuchtender Stern. In einem Essay versucht Iris Stocker verständlich zu machen, warum Kepler nach 25 Jahren Ringen um die wahre Natur der Planetenbahnen und ihrer Umlaufzeiten sein Erstlingswerk nicht verworfen hat, sondern es mit seinen neu gefundenen Gesetzen in Einklang zu bringen suchte. [...]