Die Buckelzirpen (Membracidae) und die Formensprache der Insekten

Elemente der Naturwissenschaft 24, 1976, S. 1-14 | DOI: 10.18756/edn.24.1

Zusammenfassung:

Zu den rätselhaftesten und eigenartigsten Gestalten unter den Insekten gehören die Buckelzirpen, eine Familie der Zikaden. Wegen ihrer Kleinheit - viele bleiben unter einem Zentimeter - fallen sie allerdings nur demjenigen auf, der sie zu finden weiss. Ausserdem sind sie in unserer europäischen Tierwelt nur durch wenige, bescheiden gestaltete Arten vertreten, vor allem durch Centrotus cornutus, der mit zwei kurzen Hörnern und einem längeren, nach hinten weisenden Rückenfortsatz ausgerüstet ist. In den Tropen steigert sich die Tendenz zur plastischen Ausschmükkung des Körpers, die dieser Gruppe eigen ist, zu phantastischen Bizarrerien (vgl. die Illustrationen dieses Beitrages; Abbildungen bei Linsenmaier 1972, Schröder 1962, Suchantke 1965). Eine unerschöpfliche Vielfalt verspielt anmutender Skulpturen, die keiner Regel zu gehorchen scheinen, wird da vorgeführt - Stiele und Hörner, die sich bogenförmig neigen, blasenartig erweitern, nach vorne oder nach hinten gekrümmt sind, Zacken und Gabeln, aber auch Helme und Schutzhüllen, die den Körper wie ein Panzer umschliessen oder hoch über ihm getragen werden und im Verhältnis zur Grösse ihres Trägers geradezu Riesenausmasse erreichen.

Erstaunlich ist dabei, dass diese Formenfülle von einem einzigen kleinen Körperteil hervorgebracht wird, vom vordersten, flügellosen der drei Brustringe, vom Prothorax. Dieser bei den Insekten normalerweise unscheinbare Körperteil macht sich gleichsam selbständig und überrundet alle übrigen Körperregionen im wahrsten Sinne des Wortes, wobei er plastisch-bildnerische Potenzen entwickelt, die im ganzen Tierreich ihresgleichen suchen. [...]
 

Referenzen
  • Fairmaire‚ L. (1846): Revue de la tribu Membracidés. Ann. Soc. Entomologique de France IV, 235—320; 479—528.
  • Funkhauser, W. D. (1950): Membracidae, in: P. Wytsmann (Herausg), Genera Insectorum, 208e Faso, Bruxelles.
  • Haupt, H. (1953): Insekten mit rätselhaften Verzierungen. Neue Brehm-Bücherei 104, Wittenberg.
  • Kaestner, A. (1963‚1965): Lehrbuch der Speziellen Zoologie. Bd. I‚ 1.Teil, 2.Aufl.,2.Teil. Stuttgart.
  • Linsenrnaier, W. (1972): Knaurs Grosses Insektenbuch. München/Zürich. (Abbildungen v. Membraciden S. 109).
  • Poppelbaum, H. (1936): Tier-Wesenskunde. 2. Aufl. Dornach 1954.
  • Schröder, H. (1962): Zur Biologie der Buckelzirpen. Natur und Museum 92, 441—447.
  • Steiner, R. (1919): Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik. Dornach 1960.
  • Suchantke, A. (1965): Metamorphosen im Insektenreich. Stuttgart.
  • Suchantke, A. (1968): Konvergente Evolution des Skelettes in verschiedenen Tiergruppen. Elemente d. N. 8, 8—26.
  • Suchantke, A. (1974): Biotoptracht und Mimikry bei afrikanischen Tagfaltern. Elemente d. N. 21, 1—21