Anschauung bei Kant und bei Goethe
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Zusammenfassung:
In dieser Arbeit wird zunächst der Kontext thematisiert, in den Kant seine «Kritik der reinen Vernunft» stellte. Dem metaphysischen Dogmatismus seiner Zeit setzte er eine kritische Untersuchung des Erkenntnisvermögens entgegen. Meine Lesart ausgewählter Stellen aus der «Kritik der reinen Vernunft» ergibt, dass in Kants Erkenntnisbegriff die Möglichkeit der Gegenstandserkenntnis reduziert ist, insofern von den Objekten der Welt in der reinen Anschauung nur Verhältnisse und Relationen enthalten sind. Alle anderen Qualitäten müssen unerkannt bleiben. Im Bewusstsein, dass er mit diesem Konzept die Wirklichkeit nicht in vollem Umfang erfassen konnte, bezeichnete er ihre Objekte mit dem Begriff des «Ding an sich», im Gegensatz zu ihrer der Erkenntnis zugänglichen Erscheinung. Von einigen Autoren wurde herausgearbeitet, dass Goethe zwar Kants Begründung für die Erkenntnisgrenzen der menschlichen Vernunft anerkannt, aber die Möglichkeit gesehen hat, diese in der Naturerkenntnis systematisch zu überwinden. Auf diesem Hintergrund stelle ich anhand von Aussagen Goethes dar, dass sein methodisches Vorgehen sich über weite Strecken als Ausarbeitung und Konkretisierung einiger Angaben Kants zur Synthese der reinen Anschauung lesen lässt. Ferner, dass Goethe auch in der Hinsicht mit Kant einig ging, dass sich sein Erkenntnisanspruch nicht darauf bezog, im Wirklichen – das würde in Kants Sinn heissen: im «Ding an sich» – direkt Wesenhaftes zu schauen. Es versteht sich von selbst, dass unter diesen Aspekten Goethes Erkenntnistheorie näher bei Kant zu liegen scheint, als wenn man vor allem die Unterschiede zwischen beiden Auffassungen fokussiert. Goethes «Grenzüberschreitung» bestand in der hier dargestellten Sicht im Postulat, die urteilende Verstandestätigkeit könne in ein bewegliches Organ umgebildet werden, das partizipativ die Verwandlung der Erscheinungen im Bewusstsein mit vollzieht und so zu einem «reinen» Phänomen kommt.