Zum Typus des Blattes Laubblattmetamorphose, Gegenläufigkeit und Verjüngungstendenz, eine kritische Analyse

Elemente der Naturwissenschaft 76, 2002, S. 61-72 | DOI: 10.18756/edn.76.61

Zusammenfassung:

In Veröffentlichungen in den Elementen der Naturwissenschaft der letzten 30 Jahre spielt der Begriff der Gegenläufigkeit eine wesentliche Rolle. Jochen Bockemühl (1966, 1967) stellte beim Vergleich von Blattmetamorphosereihen mit der Ontogenese individueller Blätter eine Gegenläufigkeit der Bildebewegung fest. Er charakterisierte die Bildebewegung der Blattmetamorphose mit den Begriffen Stielen, Spreiten, Gliedern und Sprießen. Jene der individuellen Entwicklung eines Folgeblattes charakterisierte er mit den gleichen Begriffen, aber mit der umgekehrten Reihenfolge: Sprießen, Gliedern, Spreiten und Stielen. Der Gedanke der Gegenläufigkeit der Bildebewegungen im Laubblattbereich wurde u.a. von Göbel (1988) und Suchantke (1982, 1990, 1999) aufgenommen. Suchantke sprach von einer Verjüngungstendenz der Laubblattmetamorphose und übertrug den Gedanken auf die Blütenorgane (1982) und die Evolution der höheren Pflanzen (1990).

In diesem Beitrag zu dem Thema analysiere ich in erster Linie die Aufsätze Bockemühls, da sie oft zitiert werden. So schreibt Göbel (1988), dass Bockemühl «die morphologischen <Urbilder> im Sinne Goethes, aus denen jedes Laubblatt der Pflanze komponiert ist,» entdeckt hat, und Suchantke (1999) stuft die Ergebnisse als «revolutionär und neu» ein.

In diesem Beitrag berücksichtige ich insbesondere die Arbeit von Hagemann (1970), «Studien zur Entwicklungsgeschichte der Angiospermenblätter», sowie die Arbeit von Troll (1937, 1939). Bis jetzt ist die ausführliche Arbeit von Hagemann noch nicht und jene von Troll zu wenig in dieser Zeitschrift berücksichtigt worden.
 

Referenzen
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