Der Hellraum als Bedingung zur Invertierung spektraler Phänomene

Elemente der Naturwissenschaft 90, 2009, S. 46-79 | DOI: 10.18756/edn.90.46

Zusammenfassung:

In dem «Entwurf einer Farbenlehre» Goethes, dessen zweihundertjähriges Erscheinen wir im nächsten Jahr feiern können, werden die spektralen Farberscheinungen als in sich polar geordnete Gesamtheit behandelt. Zu jeder Farberscheinung existiert nach Goethe eine polare bzw. komplementäre Erscheinung. Newton hat in seinen «Opticks» hingegen versucht, bestimmte spektrale Situationen gegenüber anderen als ausgezeichnete singuläre Situationen nachzuweisen. In diesem Beitrag soll gezeigt werden, dass durch die konsequente Einführung eines «Hellraumes» als Polarität zum «Dunkelraum» der Polaritätsgedanke Goethes für spektrale Beobachtungen allgemein zutrifft und eine Auszeichnung bestimmter spektraler Phänomene gegenüber anderen nicht gerechtfertigt ist. Dabei tritt allerdings kein Widerspruch zu den Erkenntnissen der heutigen Physik auf. Newtons experimentum crucis wird unter Verwendung eines Hellraums invertiert und die Ergebnisse werden diskutiert.

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